Wir haben unser Beratungsunternehmen ‚Humanistic Transformations‘ genannt, weil die Veränderung zu nachhaltiger Wirtschaft von Menschen inspiriert, geleitet und umgesetzt wird. Das hat Folgen für die Akteur:innen: Auch die Menschen werden transformiert. Sie werden andere Werte, eine andere Haltung und andere Ziele haben.
Warum ist die ‚Humanistic Transformation‘ unverzichtbar?
Ein Blick auf die globale Situation der Menschheit zeigt, dass große zivilisatorische Leistungen erbracht wurden mit bisweilen großen Rückschlägen oder sogar destruktiven Ereignissen. Wirtschaft und Gesellschaft funktionieren nach den Prinzipien von Interessendurchsetzung ohne Beachtung der Auswirkungen für andere sowie leider immer noch mit Einsatz von Macht und Gewalt. Gewalt ist allgegenwärtig in und zwischen Familien, Unternehmen und Staaten. Der Rechtsstaat, eine große zivilisatorische Leistung, ist jederzeit in Gefahr, von plutokratischen und autokratischen Kräften ausgehebelt zu werden. Ist dies eine pessimistische Sicht? Es ist eher nüchterner Realismus.
Vor diesem Hintergrund ist klar, dass der gesellschaftliche und ökologische Fortschritt zwar jederzeit möglich ist, aber dass permanent mit widerstreitenden Kräften zu rechnen ist. Die Unternehmensführung, die am Fortschritt festhält, wird eine Strategie entfalten, die widerstreitenden Tendenzen robust begegnet und die fortschrittlichen Kräfte gezielt verstärkt.
Wie wird die ‚Humanistic Transformation‘ zur DNA des Unternehmens?
Am Anfang steht die Besinnung auf eine Werte-Ethik, die die Interessen und den Zweck des Unternehmens einrahmt und dabei den Grundsatz beachtet: ‚do no harm‘. Alle Geschäftsaktivitäten werden an diesem Prinzip gemessen und bewertet werden. Der nächste Schritt besteht darin, die Geschäftslogik in den gesellschaftlichen Kontext zu stellen und zu fragen, wie das Unternehmen zur Bewältigung der gegenwärtigen Herausforderungen der Menschheit beitragen kann.
Ein Automobilhersteller etwa wird sich fragen, wie die Transformation zu einem Geschäftsmodell aussehen kann, das schnellstmöglich von fossilen Energien frei ist und den Individualverkehr bestmöglich mit öffentlichem Verkehr verknüpft und wie die Kund:innen dafür gewonnen werden können. Darüber hinaus sind beispielsweise in einem international tätigen Konzern neue Produkt-Entwicklungsstrategien gefragt, die den Bedingungen in unterschiedlichen Regionen gerecht werden (ländliche Regionen, gering industrialisierte Staaten). Ein Lebensmittelhersteller wird etwa die Inhalte und Zutaten auf biologisch umstellen und die Kund:innen auf dem Weg mitnehmen.
Vereinbaren sich Gewinnmaximierung und Nachhaltigkeit?
Unternehmen sind eingebettet in den marktwirtschaftlichen Wettbewerb. Es gilt das Prinzip der Gewinnerzielung. Das ist nicht zu verwechseln mit dem Prinzip der Gewinnmaximierung. Letzteres ist tendenziell eine ins Verderben führende Sucht, weil wichtige Wirkungen auf Umwelt oder Gesellschaft als sogenannte Nebeneffekte vernachlässigt werden. Bei der Neugestaltung des Geschäftszweckes und des Geschäftsmodells ist an der Erzielung eines Gewinns zwar unbedingt festzuhalten, aber das Ziel der Gewinnmaximierung wird abgelöst werden durch die Frage, wie ein Teil des erwirtschafteten Gewinns wirksam zur Verbesserung der Nachhaltigkeit investiert werden kann.
Wie sieht ein zukunftstaugliches Geschäftsmodell nach Auffassung von ‚Humanistic Transformations‘ aus?
Ein Geschäftsmodell, das dem sozialen und ökologischen Fortschritt eine Chance gibt, wird die Zerstörung der Natur anerkennen und beenden und sich an der Restaurierung der Natur und der Wiederherstellung der ökologischen Systeme beteiligen. Dabei sind die wirtschaftlichen Dimensionen des Geschäfts zu beachten. Ein internationaler Automobilkonzern hat andere Herausforderungen zu akzeptieren als eine lokale Autoreparaturwerkstatt.
Ein nützliches Gestaltungsprinzip ist das Motto ‚too sustainable to fail‘. Was bedeutet das? Das bedeutet, dass alle geschäftlichen Aktivitäten (Technologien, Prozesse, Produkte, Geschäftsbeziehungen) so gestaltet werden, dass die Natur und die Beziehungen mit Partner:innen in der Wertschöpfung ‚ewig‘ fortdauern können. Und das werden sie nur, wenn deren Interessen nicht dauerhaft geschädigt werden, sondern wenn sie ein gegenseitiges Prosperieren erlauben. Das bedeutet in Bezug auf den Ge- und Verbrauch von natürlichen Ressourcen, dass das Unternehmen sich im Rahmen der planetaren Grenzen bewegt.
Wie lässt sich die Wertschöpfungskette ethisch ausrichten?
Mit Blick auf die Beziehungen in der Wertschöpfungskette und in der Gesellschaft wird eine ethische Orientierung gelten, von der schon zu Beginn die Rede war: von ‚do no harm’ über ‚do good‘ zu `prosper together‘. Dieses Prinzip bedeutet im Umgang mit Umwelt, Kund:innen, Lieferant:innen und Mitarbeiter:innen, deren legitime Interessen zu erkennen und ihnen zu entsprechen. Dazu ist ein Dialog auf Augenhöhe angebracht, der auf Anwendung von Macht oder gar Gewalt verzichtet. Der Verzicht auf Gewalt ist keine rhetorische Floskel, sondern angesichts von zerstörerischem Umweltverbrauch und ausbeuterischen Wirtschaftsbeziehungen immer noch eine aktuelle Herausforderung. Die Transformation zu einem zukunftsorientierten Geschäftsmodell wird diese ethischen Prinzipien berücksichtigen.
Wir bei ‚Humanistic Transformations‘ suchen nach Wegen, wie die Orientierung an ethischen Prinzipien von den Menschen im Unternehmen in die Praxis umgesetzt werden kann. Ausgangspunkt ist die aktuelle Situation des Unternehmes: der tradierte Geschäftszweck und die bisher praktizierten Geschäftsaktivitäten. Die Unternehmensleitung wird, mit einem möglichst breiten Kreis von Mitarbeitenden, reflektieren, welche Werte bisher galten und wird mit ethischer Bewusstheit einen neuen Werterahmen setzen und mit einer Vision für die nächsten Jahre untermauern. Der nächste Schritt ist die Ermittlung des Anpassungsbedarfs im Sinne ethischer Prinzipien in diversen Märkten (Arbeitsmarkt, Liefermarkt, Absatzmarkt, Wettbewerb). Die wirtschaftliche Situation bestimmt den Handlungsspielraum zur Neuausrichtung. Ausgehend davon werden die Ressourcen des Unternehmens schrittweise und im Sinne der neuen strategischen Anforderungen verändert eingesetzt werden.
Welche externen Faktoren sind für den Wandel mit ‚Humanistic Transformtions‘ zielführend?
Die Neuorientierung erfordert Kraft und deren Einsatz in neuen Bahnen. Doch zunächst ist zu fragen: Wie entsteht diese Kraft? Sie kann aus einer Existenzkrise kommen oder aus tiefer Einsicht in die Lage. Sie kann auch durch staatliche Regulierung gefördert und begleitet werden. Aber der Staat kann nur in die Breite bringen, was zuvor durch die Praxis innovativer Unternehmen etabliert wurde.
Wie schaffen Unternehmen den Wandel von innen heraus?
Alle Personen in der Unternehmensführung, die durch gesellschaftsrechtliche oder/und familiäre Beziehungen miteinander verbunden sind, werden sich auf eine interne Wertediskussion einlassen, die von ‚Humanistic Transformations‘ begleitet werden kann, oder sie suchen selbst den Kontakt zu jenen ethischen Werten, die in den tieferen Schichten des menschlichen Bewusstseins zu finden sind: Beachtung von Gesundheit, körperliches und seelisches Wohlbefinden, respektvolle Beziehungen zu anderen Menschen und zur Natur sowie der Wunsch, ein prosperierendes Leben für alle Wesen zu ermöglichen. Diese tieferen Motivationen, die in jedem Menschen existieren, sind zu würdigen und zu stärken. Und sie müssen übersetzt werden in die tägliche Lebenspraxis, wo sie Anfechtungen ausgesetzt sind. Die Anfechtungen sind die Neigung zur Durchsetzung der eigenen Interessen, ohne die Interessen der anderen angemessen zu würdigen, ein Übermaß an Haben-Wollen in Bezug auf Güter, Geltung und Macht. Sowohl beim Bezug auf die positiven, tieferen Bedürfnisse des menschlichen Lebens als auch bei der Umsetzung in der alltäglichen Praxis ist die Mitwirkung breiter Kreise erforderlich: im Bereich von Inspiration und Motivation um tiefere Einsichten zu gewinnen und diese Einsichten zu festigen. In der alltäglichen Umsetzung, um Unterstützung zu finden und um die eigenen Handlungen im Dialog auf Augenhöhe mit Anderen überprüfen zu können.
Ein Artikel von Gerd Hofielen, Gründer von humanistic transformations und Management-Experte und Aktivist für die unternehmerische und gesellschaftliche Transformation.